Vertiefende Artikel

Die steuerrechtliche Haftung des Testamentsvollstreckers

Der Bundesfinanzhof hat statuiert, dass das Steuerrecht den Testamentsvollstrecker nur soweit verpflichtet, als seine zivilrechtlichen Befugnisse (kraft Testaments und/ oder Gesetzes) reichen. Ihn treffen keine Steuerpflichten im Hinblick auf den Erben (BFH BStBl. 1974 II 100; NV 1992, 223). Steuerschuldner für die Steuern auf das unter Testamentsvollstreckung stehende Vermögen und seine Erträge ist regelmäßig nur der Erwerber, nicht der Testamentsvollstrecker. Mit Hilfe dieser `Leitlinie` ist stets einzelfallbezogen zu prüfen, welche steuerlichen Pflichten und Rechte den Testamentsvollstrecker und welche den Erwerber/ Eigentümer treffen.
VOR DEM ERBFALL ENTSTANDENE STEUERN (STEUERN DES ERBLASSERS)
Die im Zeitpunkt des Erbfalls in der Person des Erblassers bereits entstandenen Steuerschulden (typischer- weise u. a. Einkommensteuer) gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über (§ 45 AO). Auch verfahrensrechtlich treffen den Erben die gleichen Pflichten wie zuvor den Erblasser (BFH vom 9.5.1978, BStBl. II 501). Daraus folgt u. a. – ohne Berück- sichtigung der Testamentsvollstreck- ung – dass der Erbe die Steuerschul- den zu begleichen, als falsch erkannte Steuererklärungen des Erb- lassers anzuzeigen und zu berich- tigen (§ 153 AO) und Steuererklä- rungen für die Zeit vor dem Erbfall abzugeben hat. Im Fall der Testamentsvollstreckung ändert sich die bezeichnete Rechtslage zum Teil: Die Stellung des Erben als Steuerschuldner bleibt aufrechterhalten. Jedoch werden verschiedene andere steuerliche Pflichten des Rechtsnachfolgers entweder (unter Wegfall der Pflichtenstellung des Erben) gänzlich auf den Testamentsvollstrecker verlagert oder dessen Pflichten treten zusätzlich zur Pflichtenstellung des Erben hinzu:

Abgabe von Steuererklärungen
Hatte der Erblasser bspw. für die in seiner Person entstandenen Steuern noch keine Steuererklärungen abgegeben, so hat der Testamentsvollstrecker dies zu tun (siehe u. a. Tipke/Kruse/Loose AO § 34 R. 29). Da es sich um vergangene, seinem Einblick entzogene Sachverhalte handelt, sind Nachforschungen bei entsprechenden Wissensträgern erforderlich.

Anzeige und Richtigstellung
Ist dem Testamentsvollstrecker bekannt oder wird ihm bei Ausübung seines Amtes bekannt, dass der Erblasser das Vorhandensein von Vermögen oder Erträgen vor den Finanzbehörden bisher verheimlicht hat, hat er dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 34 AO). Der Testamentsvollstrecker, der seiner Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO nicht nachkommt, kann sich der leicht- fertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) schuldig machen. Des Weiteren haftet er für die hinterzogene Steuer (§ 71 AO). Eine Pflicht, zur Suche nach Unrich- tigkeiten, besteht für den Testamentsvollstrecker jedoch nicht. Er- kennenmüssen oder Erkennen- können setzen die Anzeigepflicht nicht in Gang (Tipke/Kruse/Seer AO § 153 Rn. 12). Haftung Für die Erfüllung der Steuerschulden des Erblassers haftet der Testamentsvollstrecker bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung (vgl. FG Rheinland-Pfalz DStZ/E 1963, 370). Insbesondere haftet der Testamentsvollstrecker für vom Erblasser hinterzogene Steuern, wenn er seiner Anzeige- und Berich- tigungspflicht nicht nachkommt (§ 153 AO).
DURCH DEN ERBFALL AUSGELÖSTE STEUER (ERBSCHAFTSTEUER)
Der Pflichtenkreis des Testamentsvollstreckers im Bereich der durch den Erbfall ausgelösten Steuer (Erbschaftsteuer) umfasst insbesondere die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung (§ 31 Abs. 5 ErbStG) und die Zahlung der Erbschaftsteuer (§ 32 Abs. 1 Satz 3 ErbStG).

Kenntnis von Nachlassgegenstand außerhalb des Verfügungsbereiches der Testamentsvollstreckung
Da der Testamentsvollstrecker nicht die Aufgabe hat, die öffentlich-rechtlichen Pflichten des Erben zu erfüllen, hat er eine unrichtige Erbschaftsteuererklärung nicht zu korrigieren, soweit der entsprechende Nachlassgegenstand kraft Testaments nicht in seinen Verfügungsbereich fällt (bspw. ausländisches Bankkonto).

Angaben, die der Testamentsvollstrecker aus eigenem Wissen nicht machen kann (z. B. über Vorschenkungen)
Fast ausnahmslos zwingend ist die Mithilfe der unter Testamentsvollstreckung stehenden Vermögenserwerber bezüglich Angaben von Vorschenkungen (§ 14 ErbStG). Ob der Testamentsvollstrecker gegen die Erwerber einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch hat, der ihn in die Lage versetzt, seinen steuerlichen Pflichten gegenüber dem Finanzamt nachzukommen, ist zweifelhaft (so Piltz/ Holz aaO § 8 Rz. 157). Nach wohl herrschender Literaturansicht ist der Auskunftsanspruch des Testamentsvollstreckers auf der Rechtsgrundlage des § 2218 i.V.m. § 242 BGB zu bejahen, weil er anderenfalls seine Pflichten nicht erfüllen kann (vgl. MüKoBGB/ Zimmermann BGB § 2218 Rn. 9, Palandt/Grüneberg BGB § 260 Rn. 4 ff.). Umfang der Rechte und Pflichten des Testaments- vollstreckers in steuerlicher Hinsicht können im Einzelfall sehr unterschiedlich sein. Sie werden auch durch Art und Umfang der Testamentsvoll- streckung beeinflusst. Ein vom Testamentsvollstrecker mit den Deklarationsarbeiten beauftragter Steuerberater sollte unverzichtbar auch diese steuerrechtliche Haftungssituation beachten. Quelle: http://www.erben-beraten.de
Zur Vermeidung eines steuerstrafrechtlichen Risikos des Testamentsvollstreckers: Darlegung gege über Finanzamt, welche Angaben in der Steuererklärung aufgrund Auskunft der Erwerber und nicht aus eigener Kenntnis des Testamentsvollstreckers gemacht wurden.
Erkennt der Testamentsvollstrecker nach Abgabe der Steuererklärung, dass diese unrichtig oder unvollständig ist (z.B. weiterer Nachlass „taucht auf“), muss er dies dem Finanzamt anzeigen und eine Richtigstellung vornehmen (§ 153 Abs. 1 Satz 2 AO).

Nachsteuerhaftung
Der Steuergesetzgeber ändert Steuerrechtsfolgen rückwirkend, wenn in bestimmten Zeiträumen nach dem Steuerstichtag tatsächliche Veränderungen eintreten. Bspw. das Erbschaftsteuergesetz gewährt Begünstigungen, die an bestimmte `Wohlverhaltensvoraussetzungen` gebunden sind. U. a. beim Erwerb eines Familienheims (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 b und c), bei einem gemeinnützigen Erwerber (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG) oder auch bei begünstigtem unternehmerischem Vermögen können Steuerbefreiungen innerhalb von zehn Jahren entfallen, womit sich die ursprüngliche Erbschaftsteuer im Ergebnis erhöht (`Nachsteuer`). Da im sog. `Nachsteuerfall` keine neue Steuer festgesetzt wird, stellt sich die Frage, welche Steuerpflichten den Testamentsvollstrecker insoweit treffen, insbesondere ob Haftung in Betracht kommt. Zahlungspflicht und Haftung sind in Gesamtschau mit den zivilrechtlichen Befugnissen (s. o.) einzuordnen. Das Zivilrecht bestimmt das Steuerrecht und nicht umgekehrt (so Piltz/Holtz aaO § 8 Rz. 95b). Einerseits entscheiden die Anordnungen des Erblassers somit auch über den Umfang der Erbschaftsteuer i.S.v. § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG. Andererseits kann die insoweit normierte steuerliche Pflicht die Dauer der Testamentsvollstreckung oder des Amtes des Testamentsvollstreckers nicht verlängern. Endet die Testamentsvollstreckung insgesamt (Erledigung aller Aufgaben, Fristablauf, Bedingungseintritt), sind allein die Erben verpflichtet. In der Literatur wird empfohlen, dass der Testamentsvollstrecker den Erben auf die Sachlage hinweist und dem Finanzamt vor Auskehrung des Nachlasses (nach Bezahlung der Erbschaftsteuer) mitteilt, dass Mittel für etwaige spätere Erbschaftsteuerzahlungen von ihm mit Abschluss der Testamentsvollstreckung nicht mehr zurückbehalten werden. Ferner wird zur Vermeidung steuerstrafrechtlicher Risiken empfohlen, dass sich der Testamentsvollstrecker von den Erwerbern stets bestätigen lässt, dass diese ihm alles, was sie über steuerrelevante Verhältnisse wussten, mitgeteilt haben, insbesondere auch Vorschenkungen. Um auch insoweit den Testamentsvollstrecker vor Haftungsgefahren zu bewahren, ergänzen wir Prüfungsvermerke zu Steuerbescheiden an die Erben regelmäßig um Hinweise zu etwaigen Nachsteuerrisiken. Angaben zu Vorschenkungen lassen wir uns von den Erben stets im Rahmen der Personenstandsbögen machen.
Q1/2024 - Autor: Daniel Simon

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